Böse Invasoren

Das Böse lauert bekanntlich immer und überall, und, ehe man es sich versieht, wird man selbst zum Teil davon. In der Schweiz wurde kürzlich ein Gesetzesentwurf eingebracht, nach dem die Unterstützung artfremder Invasoren mit Gefängnis bestraft werden kann. Dabei handelt es sich um gebietsfremde Migranten aus der Flora und Fauna (sogenannte Neophyten).

Diese heimtückischen Gesellen, explizit genannt werden beispielsweise Essigbäume und Sommerflieder, bedrohen angeblich den Erhalt der schweizerischen Pflanzenwelt durch aggressive Ausbreitung. Die arglose Kleingärtnerin würde, indem sie den Exilanten Zuflucht im eigenen Garten gewährt, mit zu deren weiterer Verbreitung in den Schweizer Wäldern sorgen, und damit zur Zurückdrängung der einheimischen Pflanzen und Bäume. Exekutiert wird das Gesetz dann konkret von Fachstellen der Kantone.

Die Gleichung einheimische Pflanzen gut, auswärtige Pflanzen schlecht kann einer nicht-schweizerischen Beobachterin doch etwas unverständlich erscheinen (wobei auch hier die Frage wäre, ab wann ein Grünzeug heimisch im Land ist, schon ab 10, oder erst nach 50 Jahren – oder nie, wenn erst einmal als migrierte Pflanze eingestuft?). Der Sommerflieder siedelt übrigens bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts in Europa.

Wäre es nicht doch gescheiter zu fragen, was die Baum- oder Buschgattung bisher zum Schweizer Wohl beigetragen hat (Wobei sich auch die Frage danach stellt, was dieses Wohl umfasst)?

Man nehme beispielsweise den Sommerflieder… Der Sommerflieder, auch Schmetterlingsbaum genannt, trägt seinen zweiten Namen eben, weil er sich als Nahrungsquelle für die Flattertiere sehr bewährt hat. Nun fragt wohl der Zitronenfalter (der dem Namen entgegen immer noch keine Zitronen faltet) wohl kaum, ob es sich bei den Baum um einen „Uusländr“ handelt, sondern er lässt es sich schmecken.

Doch zurück zur Sache, die Debatte um Invasoren aus der Fauna schwappte auch in Deutschland zeitweise sehr hoch, als eine massenhafte Ausbreitung der Nil- respektive Kanadagänse beanstandet wurde. Die Leidtragenden wären, ja genau, die einheimischen Stockenten. Die auswärtige Nilgans produziere mehr Nachwuchs und sei viel aggressiver, so die Rede. Zugeben muss man wohl, dass die auswärtigen Tiere wesentlich größer als die Stockenten sind und wohl so ihr Revier besser behaupten können. Aber müsste man dann nicht auch die Spatzen vor den Staren, die Stare vor den Krähen, oder die Nilgänse vor den Schwänen in Schutz nehmen?

Ein anderer Fall einer invasiven Art begegnete dem Appenzeller Kantonspräsidenten  kürzlich auf seinem Amtsbalkon, als ein Marienkäfer mit einer ungewöhnlichen Maserung seine Aufmerksamkeit erregte. Es handelte sich sozusagen um einen umgedrehten Marienkäfer, bei dem die Punkte rot und der Panzer schwarz war. Er erklärte wörtlich „So etwas habe ich noch nie gesehn“. Es stellte sich dann heraus, dass es sich auch hier um einen Invasor handelte. Der herbeizitierte Botaniker klärte ihn auf, dass es sich um eine schweizfremde Spezies, nämlich einen japanische Marienkäfer handele. Der Kantonspräsident ordnete umgehend einen schweizweiten Arrestbefehl für den landfremden „Kchääfr“ an.

Ein Vorschlag zur Güte: Schweizerische Grenzbeamte könnten künftig einwandernde, oder die Einwanderung beabsichtigende Pflanzenarten durch Augenscheinnahme auf ihre Schweizverträglichkeit prüfen, damit schon im Zweifelsfall jede landfremde Spezies zügigst ausgeschafft werden könnte. Bei Insubordination könnte der fehlbare Schweiz-Frevler vom Appellationsgericht mit 100 Franken gebüßt werden.

Böse Invasoren

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